
Der Schlüssel zu gesundem Haar liegt nicht nur darin, *was* Sie verwenden, sondern *wann* und *wie* – basierend auf den dynamischen Bedürfnissen Ihres Haares.
- Die Haarbedürfnisse sind nicht statisch; sie ändern sich mit Hormonen, Ernährung und sogar dem Menstruationszyklus.
- Präzise Anwendungstechniken sind oft wichtiger als die reine Produktmenge, insbesondere bei feinem Haar.
- Die wahre Wirkung eines Produkts erkennen Sie an der INCI-Liste, nicht am Duft oder an der Marketing-Aufmachung.
Empfehlung: Nutzen Sie den „Wet Assessment Test“ als Ausgangspunkt, aber lernen Sie, Ihre Routine durch kontinuierliche Beobachtung anzupassen und auch interne Faktoren wie Ernährung und Zyklus mit einzubeziehen.
Fühlt sich Ihr Haar manchmal wie Stroh an, egal wie viele Feuchtigkeitsmasken Sie verwenden? Oder wird es im nassen Zustand plötzlich dehnbar und gummiartig, nur um dann abzubrechen? Willkommen in der verwirrenden Welt der Protein-Feuchtigkeits-Balance. Viele Frauen erleben Haarbruch und Frizz, weil sie die falschen Produkte für den aktuellen Zustand ihres Haares verwenden. Die gängige Einteilung in „trockenes“ oder „fettiges“ Haar greift hier viel zu kurz und führt oft zu Frustration und einer Ansammlung unpassender Pflegeprodukte im Badezimmer.
Die meisten Ratgeber empfehlen einen einfachen Dehnungstest an einer nassen Strähne. Das ist ein guter Anfang, aber es ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Die Bedürfnisse Ihres Haares sind keine feste Eigenschaft, sondern eine dynamische Balance, die von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird: hormonelle Schwankungen durch den Zyklus oder die Menopause, Ihre Ernährung, die Wasserhärte an Ihrem Wohnort in Deutschland und sogar die Art und Weise, wie Sie Produkte auftragen. Dieser oberflächliche Ansatz führt dazu, dass das Problem oft nur symptomatisch behandelt, aber nie an der Wurzel gepackt wird.
Doch was wäre, wenn die eigentliche Lösung nicht darin besteht, ein einziges „Wundermittel“ zu finden, sondern zu lernen, die Signale Ihres Haares präzise zu deuten? Dieser Artikel verfolgt genau diesen Ansatz. Wir gehen über den Standardtest hinaus und betrachten die Haarpflege als ein systemisches Ganzes. Es geht darum, die Ursachen hinter den Symptomen zu verstehen – von der molekularen Struktur bis hin zum Einfluss Ihrer Lebensweise. Sie werden lernen, nicht nur zu reagieren, sondern vorausschauend zu agieren, um Ihrem Haar genau das zu geben, was es in jeder Lebensphase wirklich braucht.
Wir werden gemeinsam die wichtigsten Fragen klären, um Ihnen eine präzise Diagnose zu ermöglichen. Von den Grundlagen der Haarstruktur über spezielle Bedürfnisse von feinem oder grauem Haar bis hin zum entscheidenden Einfluss von Hormonen und Ernährung – dieser Guide liefert Ihnen das Detailwissen einer Expertin, um die Kontrolle über Ihre Haargesundheit zurückzugewinnen.
Inhalt: Ihr Weg zur perfekten Haar-Balance
- Warum fühlt sich Ihr Haar gummiartig an, wenn es nass ist?
- Wie hydratisieren Sie feines Haar, ohne dass das Volumen zusammenfällt?
- Warum wird graues Haar oft gelbstichig und drahtig?
- Warum bestimmt der Duft nicht die Pflegewirkung?
- Wann verändert sich Ihre Haarstruktur durch Pille, Schwangerschaft oder Menopause?
- Warum macht ein Brötchen müde und ein Porridge wach?
- Welche Samen unterstützen in der ersten und welche in der zweiten Zyklushälfte?
- Warum sollten Sie bei gefärbtem Haar unbedingt auf aggressive Sulfate verzichten?
Warum fühlt sich Ihr Haar gummiartig an, wenn es nass ist?
Dieses gummiartige, übermäßig dehnbare Gefühl im nassen Zustand ist ein klares Alarmsignal Ihres Haares. In der Fachsprache nennt man dies „hygrale Ermüdung“. Es bedeutet, dass die Haarstruktur zu viel Wasser aufgenommen hat, aufgequollen ist und ihre innere Festigkeit verloren hat. Die Ursache ist ein akuter Proteinmangel. Proteine wie Keratin sind die Bausteine, die dem Haar seine Stärke und Elastizität verleihen. Fehlen sie, wird das Haar instabil und dehnt sich wie ein Gummiband, bis es schließlich reißt. Dies ist das Gegenteil von gesundem Haar, das sich nur leicht dehnen und dann wieder in seine ursprüngliche Form zurückkehren sollte.
Ein häufiger Fehler ist, dieses Problem mit noch mehr Feuchtigkeitsprodukten zu bekämpfen, was den Zustand nur verschlimmert. Ihr Haar ertrinkt förmlich in Feuchtigkeit und braucht dringend strukturelle Unterstützung. Eine gezielte Proteinkur kann die Lücken in der Haarstruktur auffüllen und die Stabilität wiederherstellen. Doch Vorsicht ist geboten: Zu viel Protein kann das Haar wiederum starr und brüchig machen. Experten raten deshalb, intensive Proteinkuren maximal einmal pro Monat anzuwenden und die Reaktion des Haares genau zu beobachten. Der Schlüssel liegt in der Balance.
Um den genauen Bedarf Ihres Haares zu ermitteln, ist ein einfacher Test der erste und wichtigste Schritt. Er gibt Ihnen eine klare Momentaufnahme des aktuellen Zustands und die Grundlage für alle weiteren Pflegeentscheidungen.
Ihr Plan zur Bedarfsanalyse: Der Wet-Assessment-Test
- Vorbereitung: Waschen Sie Ihr Haar nur mit Shampoo. Verwenden Sie keine Spülung oder andere Pflegeprodukte, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.
- Auswahl: Nehmen Sie eine einzelne, noch nasse Haarsträhne zwischen Daumen und Zeigefinger.
- Durchführung: Ziehen Sie vorsichtig und langsam an beiden Enden der Strähne und beobachten Sie genau, wie sie sich verhält.
- Diagnose Proteinmangel: Dehnt sich das Haar extrem, fühlt sich schwach und gummiartig an und kehrt nicht in seine Form zurück? Es hat zu viel Feuchtigkeit und schreit nach Proteinen.
- Diagnose Feuchtigkeitsmangel: Reißt das Haar fast sofort, ohne sich merklich zu dehnen, und fühlt sich rau an? Es ist trocken, spröde und benötigt dringend Feuchtigkeit.
Wie hydratisieren Sie feines Haar, ohne dass das Volumen zusammenfällt?
Feines Haar ist ein Paradoxon: Es neigt dazu, trocken zu sein und Feuchtigkeit zu benötigen, wird aber durch reichhaltige Pflegeprodukte sofort beschwert, verliert sein Volumen und wirkt strähnig. Viele Frauen mit feinem Haar meiden daher Conditioner und Masken, was das Problem der Trockenheit langfristig verschärft. Die Lösung liegt nicht im Verzicht, sondern in der Präzisionstechnik der Anwendung. Es geht weniger darum, *was* Sie verwenden, sondern *wie* Sie es verwenden.
Das Geheimnis liegt darin, die Pflege gezielt nur dort aufzutragen, wo sie benötigt wird – in den Längen und Spitzen, die am anfälligsten für Trockenheit und Spliss sind. Der Haaransatz sollte ausgespart werden, um das natürliche Volumen zu erhalten. Eine minimale Produktmenge ist hierbei entscheidend. Statt das Haar in Conditioner zu ertränken, wird eine kleine Menge mit viel Wasser emulgiert und sanft in das Haar „geknetet“. Diese Technik sorgt für eine maximale Hydratation bei minimaler Beschwerung.
Die untenstehende Illustration verdeutlicht das Prinzip: Wasser ist der Schlüssel, um die Pflege optimal im Haar zu verteilen und die Schuppenschicht zu glätten, ohne das Haar zu belasten.

Eine spezifische Methode, die sich für feines Haar bewährt hat, ist die angepasste „Squish to Condish“-Technik. Sie maximiert die Feuchtigkeitsaufnahme und Frizz-Kontrolle, ohne das Haar platt und leblos aussehen zu lassen.
Fallbeispiel: Die „Fine Hair Squish to Condish“-Methode
Diese Methode wurde speziell für die Bedürfnisse von feinem Haar optimiert. Anstatt eine große Menge Conditioner aufzutragen, wird nur eine erbsengroße Menge in den Handflächen mit Wasser vermischt. Diese verdünnte Mischung wird dann von den Spitzen aufwärts sanft in die Haarlängen „gesquisht“ (geknetet). Das charakteristische „matschende“ Geräusch zeigt an, dass das Haar Wasser und Pflege aufnimmt. Überschüssiges Produkt wird mit Wasser ausgespült, während die Knetbewegung beibehalten wird. Das Ergebnis ist hydratisiertes, gebündeltes Haar mit erhaltenem Volumen am Ansatz.
Warum wird graues Haar oft gelbstichig und drahtig?
Graues oder weißes Haar ist nicht einfach nur farbloses Haar; es hat eine veränderte Struktur und damit auch neue Pflegebedürfnisse. Die zwei häufigsten Probleme sind eine drahtige, widerspenstige Textur und ein unschöner Gelbstich. Beide haben unterschiedliche Ursachen und erfordern gezielte Lösungen. Die drahtige, trockene Beschaffenheit ist ein inneres, strukturelles Problem. Wie Experten von Schwarzkopf Professional bestätigen, liegt dies an biologischen Veränderungen:
Mit dem Alter nimmt die Talgproduktion der Kopfhaut ab, und die Schuppenschicht von grauem Haar ist oft unregelmäßiger und ‚offener‘
– Schwarzkopf Professional, Schwarzkopf Haarpflege-Ratgeber 2024
Diese offenere Struktur bedeutet, dass graues Haar Feuchtigkeit schlechter speichern kann und anfälliger für Frizz ist. Es benötigt daher eine intensivere Feuchtigkeitspflege und versiegelnde Produkte (z.B. mit leichten Ölen), um die Schuppenschicht zu glätten und die Feuchtigkeit im Haar einzuschließen.
Der Gelbstich hingegen ist meist ein externes Problem. Er entsteht nicht von innen, sondern durch Ablagerungen von außen. Dazu gehören Produktrückstände, Nikotin oder Umweltschmutz. Ein Hauptverursacher in vielen Regionen Deutschlands sind Mineralablagerungen aus hartem, kalkhaltigem Leitungswasser. Während Silbershampoos den Gelbstich optisch neutralisieren, bekämpfen sie nicht die Ursache – die Ablagerungen selbst. Hierfür sind sogenannte Chelat-Shampoos (Tiefenreinigungsshampoos) die effektivere, aber intensivere Lösung.
| Behandlung | Wirkung | Häufigkeit | Nachteile |
|---|---|---|---|
| Silbershampoo | Neutralisiert Gelbstich oberflächlich | 1-2x wöchentlich | Kann austrocknen, behandelt nicht die Ursache |
| Chelat-Shampoo | Entfernt Mineralablagerungen | 1x monatlich | Intensive Reinigung, muss mit Pflege kombiniert werden |
| Kombination | Tiefenreinigung + optische Korrektur | Chelat monatlich, Silber wöchentlich | Zeitaufwändiger, aber effektivster Ansatz |
Warum bestimmt der Duft nicht die Pflegewirkung?
Wir alle lassen uns gerne von einem ansprechenden Duft nach Kokos, Papaya oder Arganöl verführen. Das Marketing der Kosmetikindustrie nutzt dies gezielt, um Assoziationen von Pflege und Natürlichkeit zu wecken. Doch die Wahrheit ist: Der Duft eines Produkts hat absolut keine Aussagekraft über seine tatsächliche Pflegewirkung. Ein Produkt kann intensiv nach Kokos riechen, aber hauptsächlich aus austrocknenden Alkoholen und Silikonen bestehen, während es nur eine verschwindend geringe Menge an echtem Kokosöl enthält. Umgekehrt kann ein fast geruchloses Produkt hochkonzentrierte, wirksame Proteine oder feuchtigkeitsspendende Inhaltsstoffe enthalten.
Als bewusste Verbraucherin ist es unerlässlich, sich von der Duft-Fassade zu lösen und stattdessen zum Detektiv zu werden. Die einzige verlässliche Informationsquelle ist die INCI-Liste (Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe) auf der Rückseite des Produkts. Die Inhaltsstoffe sind dort in absteigender Reihenfolge ihrer Konzentration aufgeführt. Stehen pflegende Substanzen wie „Hydrolyzed Wheat Protein“ oder „Glycerin“ weit oben auf der Liste, ist ihre Wirkung signifikant. Tauchen sie erst nach dem Parfum oder am Ende einer langen Liste auf, ist ihre Konzentration zu vernachlässigen.

Das Lesen von INCI-Listen erfordert anfangs etwas Übung, ist aber die mächtigste Fähigkeit, die Sie für Ihre Haarpflege entwickeln können. Achten Sie auf Schlüsselbegriffe: Wörter wie „Hydrolyzed Protein“, „Keratin“, „Silk“ oder „Amino Acids“ deuten auf Proteine hin. Begriffe wie „Glycerin“, „Aloe Barbadensis Leaf Juice“, „Panthenol“ oder verschiedene Alkohole mit der Endung „-yl“ (z.B. Cetearyl Alcohol) sind typische Feuchtigkeitsspender. So entlarven Sie Marketing-Tricks und treffen fundierte Entscheidungen für die Gesundheit Ihres Haares.
Wann verändert sich Ihre Haarstruktur durch Pille, Schwangerschaft oder Menopause?
Haben Sie sich jemals gefragt, warum Ihr Haar in manchen Lebensphasen plötzlich völlig anders reagiert? Der Grund dafür sind oft massive hormonelle Veränderungen. Hormone wie Östrogen und Progesteron haben einen direkten Einfluss auf den Wachstumszyklus, die Talgproduktion und die Haarstruktur. Das bedeutet, dass die Protein-Feuchtigkeits-Balance keine Konstante ist, sondern sich während des Menstruationszyklus, einer Schwangerschaft, nach dem Absetzen der Pille oder in der Menopause dramatisch verändern kann. Dies ist der Kern der systemischen Haarpflege: zu verstehen, dass Haargesundheit auch von innen gesteuert wird.
Diese hormonellen Schwankungen erfordern eine flexible, angepasste Pflegeroutine. Eine starre Vorgehensweise, die zu einem Zeitpunkt funktioniert hat, kann einen Monat später zu Haarbruch oder einem Mangel an Volumen führen. Es ist entscheidend, die Pflege als ein dynamisches System zu betrachten und nicht als ein festes Regelwerk.
Fallbeispiel: Zyklusabhängige Haarpflege-Anpassung
Eine Untersuchung innerhalb der Lockenpflege-Community hat gezeigt, dass eine zyklusangepasste Pflege die Haarqualität signifikant verbessern kann. In der ersten Zyklushälfte (Follikelphase), die von Östrogen dominiert wird, neigt das Haar dazu, kräftiger und elastischer zu sein. Hier profitiert es am meisten von intensiver Feuchtigkeitspflege, um Glanz und Sprungkraft zu maximieren. In der zweiten Zyklushälfte (Lutealphase), in der Progesteron ansteigt, berichten viele Frauen von stumpferem, schwächerem Haar. In dieser Phase können leichte Proteinkuren helfen, die Struktur zu stärken und Brüchigkeit vorzubeugen.
Besonders drastisch können die Veränderungen nach dem Absetzen hormoneller Verhütungsmittel sein, wie persönliche Erfahrungsberichte immer wieder zeigen.
Nach dem Absetzen der Pille wurden meine Haare plötzlich extrem brüchig. Erst als ich gezielt Proteinbehandlungen einführte, konnte ich den Haarbruch stoppen. Der Hormonabfall hatte meine Haarstruktur komplett verändert – von fest zu gummiartig.
– Erfahrungsbericht, Natürlich-Lockig Community
Warum macht ein Brötchen müde und ein Porridge wach?
Die Verbindung zwischen Ernährung und Haargesundheit wird oft unterschätzt, dabei ist sie fundamental. Was wir essen, liefert die Bausteine für jeden Teil unseres Körpers, einschließlich unserer Haare. Die Analogie vom „müden Brötchen“ und dem „wachen Porridge“ illustriert perfekt den Unterschied zwischen einfachen und komplexen Kohlenhydraten und deren Einfluss auf unseren Körper und somit auch auf unser Haar. Ein Weißmehlbrötchen verursacht einen schnellen Anstieg und anschließenden Abfall des Blutzuckerspiegels, was zu Energielosigkeit führt. Dieser Prozess liefert dem Körper kaum wertvolle Nährstoffe.
Porridge aus Haferflocken hingegen besteht aus komplexen Kohlenhydraten, die langsam Energie freisetzen und den Blutzuckerspiegel stabil halten. Viel wichtiger aber: Haferflocken liefern essenzielle Bausteine für die Keratinproduktion, dem Hauptprotein unserer Haare. Sie sind reich an Biotin (Vitamin B7), Zink und Eisen – drei Schlüsselnährstoffe für starkes, gesundes Haarwachstum. Ein Mangel an diesen Nährstoffen kann direkt zu Haarausfall und brüchigem Haar führen.
Eine haar-gesunde Ernährung konzentriert sich daher auf nährstoffdichte Lebensmittel. Tauschen Sie einfache Kohlenhydrate wie Weißbrot und Zucker gegen Vollkornprodukte aus. Ergänzen Sie Ihr Frühstück mit einer Handvoll Nüssen oder Samen. Nüsse liefern zusätzliche Proteine und gesunde Fette, während Leinsamen reich an Omega-3-Fettsäuren sind, die für eine gesunde Kopfhaut und glänzendes Haar sorgen. Es geht nicht um eine radikale Diät, sondern um bewusste Entscheidungen, die Ihrem Körper – und damit Ihrem Haar – die bestmögliche Grundlage geben. Eine stabile Energieversorgung und eine reiche Nährstoffzufuhr sind die Basis für jede erfolgreiche Pflegeroutine von außen.
Welche Samen unterstützen in der ersten und welche in der zweiten Zyklushälfte?
Aufbauend auf der Erkenntnis, dass Hormone die Haarbedürfnisse beeinflussen, können wir unsere Ernährung gezielt zur Unterstützung einsetzen. Ein faszinierender Ansatz hierfür ist das „Seed Cycling“ (Samen-Zyklus). Diese Methode nutzt die spezifischen Nährstoffe von vier verschiedenen Samen, um die hormonelle Balance in den beiden Hauptphasen des Menstruationszyklus auf natürliche Weise zu unterstützen. Da Hormone die Haarstruktur direkt beeinflussen, kann diese ernährungsbasierte Strategie auch die Protein-Feuchtigkeits-Balance des Haares positiv beeinflussen.
Das Prinzip ist einfach: In jeder der beiden Zyklushälften isst man täglich einen Esslöffel von zwei spezifischen, gemahlenen Samen. Die erste Phase ist die Follikelphase, die vom ersten Tag der Menstruation bis zum Eisprung dauert (ca. Tag 1-14). In dieser östrogendominierten Phase unterstützen Leinsamen und Kürbiskerne den Körper. Die zweite Phase ist die Lutealphase, vom Eisprung bis zur nächsten Menstruation (ca. Tag 15-28). Hier, unter dem Einfluss von Progesteron, kommen Sonnenblumenkerne und Sesam zum Einsatz.
Diese gezielte Nährstoffzufuhr kann sich direkt auf das Erscheinungsbild der Haare auswirken. Die Phytoöstrogene und Omega-3-Fettsäuren in der ersten Hälfte können die Feuchtigkeitsspeicherung und den Glanz verbessern, während Zink und Vitamin E in der zweiten Hälfte die Haarstruktur stärken und Brüchigkeit reduzieren können. Es ist ein Paradebeispiel für eine systemische, von innen wirkende Haarpflege.
| Zyklusphase | Samen | Nährstoffe | Wirkung aufs Haar |
|---|---|---|---|
| Follikelphase (Tag 1-14) | Leinsamen & Kürbiskerne | Omega-3, Phytoöstrogene | Verbesserte Feuchtigkeitsspeicherung, mehr Glanz |
| Lutealphase (Tag 15-28) | Sonnenblumen & Sesam | Vitamin E, Zink | Stärkere Proteinstruktur, weniger Brüchigkeit |
Das Wichtigste in Kürze
- Die Protein-Feuchtigkeits-Balance ist dynamisch. Der einfache Dehnungstest ist nur eine Momentaufnahme und der Beginn der Diagnose, nicht das Ende.
- Systemische Faktoren sind entscheidend. Hormonelle Zyklen und eine nährstoffreiche Ernährung haben einen direkten Einfluss auf die Haarstruktur und müssen in die Pflegeroutine einbezogen werden.
- Technik und Wissen sind wichtiger als teure Produkte. Die korrekte Anwendung (z.B. „Squish to Condish“) und die Fähigkeit, INCI-Listen zu lesen, sind Ihre mächtigsten Werkzeuge.
Warum sollten Sie bei gefärbtem Haar unbedingt auf aggressive Sulfate verzichten?
Gefärbtes Haar hat spezielle Bedürfnisse, da der chemische Prozess seine Struktur bereits verändert und geschwächt hat. Einer der größten Feinde für die Langlebigkeit der Farbe und die Gesundheit des Haares sind aggressive Sulfate. Hierbei handelt es sich um starke Reinigungstenside, die in vielen herkömmlichen Shampoos enthalten sind. Sie erkennen sie in der INCI-Liste an Bezeichnungen wie „Sodium Lauryl Sulfate“ (SLS) oder „Sodium Laureth Sulfate“ (SLES). Ihre Wirkung ist vergleichbar mit einem starken Spülmittel: Sie erzeugen viel Schaum und entfernen Fett und Schmutz sehr effektiv, aber sie sind nicht wählerisch.
Wie die Haarpflege-Expertin Dr. Elisa Schmidt erklärt, ist ihre Wirkung für geschädigtes Haar verheerend:
Aggressive Sulfate (SLS/SLES) reißen die Schuppenschicht des Haares auf. Dies führt nicht nur zum Verlust von Farbmolekülen, sondern auch zum Verlust der natürlichen Lipide und Proteine
– Dr. Elisa Schmidt, Natürlich-Lockig Haarpflege-Guide
Dieser Prozess erhöht die Porosität des Haares drastisch. Ein hochporöses Haar ist wie ein Schwamm mit Löchern: Es kann Feuchtigkeit schnell aufnehmen, verliert sie aber genauso schnell wieder. Zudem werden die für die Stabilität so wichtigen Proteine regelrecht aus dem Haar „herausgewaschen“. Das Ergebnis ist ein Teufelskreis aus schnell verblassender Farbe, Trockenheit und Haarbruch. Der Wasserglas-Test kann dies sichtbar machen: Eine Studie zeigt, dass sulfatgeschädigtes Haar oft in 4 bis 5 Minuten sinkt, was auf eine hohe Porosität und somit eine stark geschädigte Schuppenschicht hindeutet.
Für gefärbtes Haar ist der Umstieg auf sulfatfreie Shampoos (oft als „Co-Wash“ oder „Low-Poo“ bezeichnet) daher keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Sie reinigen sanfter, schonen die Schuppenschicht und helfen dabei, sowohl die teuren Farbmoleküle als auch die lebenswichtige Protein-Feuchtigkeits-Balance im Haar zu bewahren.
Beginnen Sie noch heute damit, diese Prinzipien anzuwenden. Analysieren Sie Ihr Haar, lesen Sie die Inhaltsstoffe Ihrer Produkte und passen Sie Ihre Routine an die wahren, dynamischen Bedürfnisse Ihres Körpers an, um endlich das gesunde und widerstandsfähige Haar zu erreichen, das Sie sich wünschen.
Häufig gestellte Fragen zu Proteinen und Feuchtigkeit im Haar
Wie erkenne ich Proteine in der INCI-Liste?
Achten Sie auf Begriffe wie ‚Hydrolyzed‘, ‚Keratin‘, ‚Silk‘, ‚Amino Acids‘, ‚Protein‘ oder spezifische Proteinquellen wie ‚Soy‘, ‚Rice‘, ‚Wheat‘ in der Inhaltsstoffliste.
Bedeutet Kokosduft automatisch Feuchtigkeit?
Nein, der Duft ist reine Marketing-Entscheidung. Ein Produkt mit Kokosduft kann austrocknende Silikone enthalten, während ein neutral riechendes Produkt wertvolles Kokosöl haben kann.
Sind parfümfreie Produkte besser für die Diagnose?
Ja, parfümfreie Produkte helfen, die wahre Wirkung eines Protein- oder Feuchtigkeitsprodukts zu testen, ohne dass Duftstoffe oder Alkohol das Ergebnis verfälschen.