Veröffentlicht am März 15, 2024

Sport ist für mental belastete Frauen kein weiterer Stressfaktor, sondern das wirksamste Mittel, um die Kontrolle über die eigene Gehirnchemie zurückzugewinnen.

  • Gezielte Bewegung (z. B. Joggen) steigert das „Gehirn-Doping“ BDNF und fördert aktiv die Neuroplastizität zur Stimmungsaufhellung.
  • Die Anpassung des Trainings an den Menstruationszyklus maximiert die Effekte und verwandelt sportliche Pflicht in eine intuitive Selbstfürsorge.

Empfehlung: Betrachten Sie Bewegung nicht als Aufgabe, die Sie erledigen müssen, sondern als Werkzeug, das Sie je nach Gefühlslage und Zyklusphase gezielt für Ihr Wohlbefinden einsetzen.

Sie kennen das Gefühl sicher auch: Die To-do-Liste ist perfekt organisiert, der Alltag läuft scheinbar reibungslos, und trotzdem fühlen Sie sich permanent erschöpft und mental ausgelaugt. Dieser Zustand, oft als „Mental Load“ bezeichnet, ist für viele Frauen eine tägliche Realität. Der gut gemeinte Ratschlag lautet dann oft: „Mach doch einfach mehr Sport!“ Doch für viele fühlt sich das nur wie ein weiterer Punkt auf einer endlosen Aufgabenliste an, eine zusätzliche Pflicht, die noch mehr Druck erzeugt. Die üblichen Erklärungen, dass Sport „Endorphine freisetzt“, greifen hier zu kurz und übersehen die tiefgreifenden Prozesse.

Doch was wäre, wenn die wahre Kraft von Bewegung nicht darin liegt, einfach nur „glücklich zu machen“, sondern darin, Ihnen ein präzises Werkzeug zur direkten Regulierung Ihres Nervensystems an die Hand zu geben? Wenn Sport nicht die Pflicht, sondern die Lösung wäre, um die biochemische Ursache von Stress und Erschöpfung gezielt zu bekämpfen? Dieser Artikel bricht mit der oberflächlichen Betrachtung und taucht tief in die neurobiologische Wirkung von Sport ein. Wir betrachten ihn nicht als Chore, sondern als Ihr persönlichstes und wirksamstes Medikament – ganz ohne Rezept und Nebenwirkungen.

Wir werden gemeinsam die biochemischen Wunder in Ihrem Gehirn erkunden, verstehen, wie Sie gezielt Panikattacken „wegtrainieren“ können und wie die Synchronisation Ihres Trainings mit Ihrem Zyklus alles verändert. Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, wie Sie Bewegung als strategisches Instrument zur Rückeroberung Ihrer mentalen Kapazität und Lebensfreude einsetzen können.

Warum fühlen Sie sich trotz guter Organisation ständig erschöpft?

Dieses Gefühl der ständigen Erschöpfung trotz scheinbar perfekter Organisation ist das Kernsymptom des Mental Load. Es ist die unsichtbare Last der ständigen Planung, Koordination und emotionalen Verantwortung, die überproportional auf Frauen lastet. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass noch mehr Organisation oder Disziplin die Lösung sind. In Wahrheit befindet sich Ihr Nervensystem in einem Zustand chronischer Überaktivierung. Der Sympathikus, unser „Gaspedal“, läuft auf Hochtouren, während der Parasympathikus, die „Bremse“, kaum zum Zug kommt. Das Ergebnis: Die Cortisolspiegel bleiben erhöht, die Energiereserven werden aufgebraucht und die Fähigkeit zur mentalen Erholung schwindet.

Genau hier setzt Sport als neurobiologisches Werkzeug an. Er ist nicht nur eine Ablenkung, sondern eine physiologische Intervention. Sport zwingt den Körper, aus dem mentalen Hamsterrad auszubrechen und sich auf physische Prozesse zu konzentrieren. Eine umfassende Metaanalyse von 218 Studien mit über 14.000 Teilnehmenden belegt eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung: Je intensiver das Training, desto größer die Linderung depressiver Symptome. Dies zeigt, dass Bewegung eine messbare, biologische Wirkung auf unsere Psyche hat, die weit über ein einfaches „Wohlgefühl“ hinausgeht.

Anstatt Sport also als eine weitere Aufgabe zu sehen, die Energie raubt, sollten Sie ihn als die effektivste Methode betrachten, um Ihre biochemischen Batterien wieder aufzuladen. Er ist der Reset-Knopf für Ihr überlastetes System und der erste Schritt, um die Kontrolle über Ihre mentale Energie zurückzugewinnen.

Was passiert biochemisch in Ihrem Gehirn nach 20 Minuten Joggen?

Wenn Sie laufen, passiert weit mehr, als dass nur Kalorien verbrannt werden. Sie initiieren eine komplexe biochemische Kaskade in Ihrem Gehirn, die einer Art „neuronalem Frühjahrsputz“ gleicht. Der Hauptakteur in diesem Prozess ist ein Protein namens BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor). Man könnte BDNF als eine Art Dünger für Ihr Gehirn bezeichnen. Es fördert das Überleben bestehender Neuronen und regt das Wachstum neuer Neuronen und Synapsen an – ein Prozess, der als Neuroplastizität bekannt ist.

Bei Menschen mit Depressionen sind die BDNF-Spiegel oft erniedrigt, was zu einer Schrumpfung wichtiger Gehirnareale wie dem Hippocampus führen kann, der für Lernen, Gedächtnis und Stimmungsregulation entscheidend ist. Hier kommt die Magie des Joggens ins Spiel: Schon nach 20 bis 30 Minuten moderatem Ausdauertraining erleben Sie eine Steigerung des Gehirnwachstumsfaktors BDNF um rund 30 %. Dieser Anstieg hilft, depressive Symptome zu lindern, indem er die Widerstandsfähigkeit des Gehirns gegenüber Stress erhöht und seine Fähigkeit zur Selbstheilung fördert.

Fallbeispiel: Die Heidelberger Studie zu BDNF und Depression

An der Universität Heidelberg wird in einer laufenden Studie gezielt der Einfluss von körperlicher Aktivität auf den BDNF-Spiegel bei depressiven Patientinnen und Patienten untersucht. Vor und nach einer Sportintervention werden nicht nur die BDNF-Werte im Blut gemessen, sondern auch die kognitiven Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Handlungsplanung getestet. Die Hypothese ist, dass der durch Sport induzierte BDNF-Anstieg direkt mit einer Verbesserung der kognitiven Funktionen und einer Reduktion der depressiven Symptomatik korreliert, was die zentrale Rolle dieses Moleküls unterstreicht.

Diese neurobiologische Regulation ist der Grund, warum die Wirkung von Sport so nachhaltig ist. Sie verändern nicht nur kurzfristig Ihre Stimmung durch Endorphine, sondern Sie bauen aktiv die Architektur Ihres Gehirns um, um es resilienter und gesünder zu machen.

Visuelle Darstellung der BDNF-Wirkung im Gehirn nach dem Joggen

Wie dieses Bild andeutet, stärkt jede sportliche Aktivität das neuronale Netzwerk in Ihrem Gehirn. Sie schaffen neue Verbindungen und stärken bestehende, was Ihre kognitive Flexibilität und emotionale Stabilität direkt verbessert.

Wie beeinflusst Ihre Körperhaltung direkt Ihre Stimmung und Ihr Selbstvertrauen?

Die Verbindung zwischen Körper und Geist ist keine Einbahnstraße. So wie unsere Emotionen unsere Körperhaltung beeinflussen – wir kauern uns bei Angst zusammen, richten uns bei Freude auf –, so kann umgekehrt unsere Körperhaltung gezielt unsere Stimmung und unser Selbstvertrauen formen. Dieses Prinzip, bekannt als „Embodied Cognition“, ist ein mächtiger und oft unterschätzter Aspekt der mentalen Selbstregulation. Chronischer Stress und depressive Verstimmungen führen oft zu einer eingefallenen Haltung: runde Schultern, gesenkter Kopf, flache Atmung. Diese Haltung signalisiert dem Gehirn kontinuierlich „Gefahr“ oder „Unterwerfung“ und verstärkt so die negativen Gefühle.

Sport, insbesondere Aktivitäten, die eine aufrechte und kraftvolle Haltung erfordern wie Krafttraining, Yoga oder Tanzen, durchbricht diesen Teufelskreis. Wenn Sie sich bewusst aufrichten, die Schultern zurücknehmen und den Brustkorb öffnen, senden Sie Ihrem Gehirn ein starkes Signal von Sicherheit und Kompetenz. Dies führt zu messbaren hormonellen Veränderungen: Der Testosteronspiegel (assoziiert mit Dominanz und Selbstsicherheit) steigt, während der Cortisolspiegel (das Stresshormon) sinkt. Sie fühlen sich nicht nur selbstbewusster, Sie werden es auch auf biochemischer Ebene.

Sportliche Erfolge – auch schon kleinere – steigern das Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Sport kann von den negativen Gedankenspiralen und Verhaltensmustern einer Depression ablenken.

– BARMER, Sport gegen Depression

Angesichts der Tatsache, dass das Risiko, im Leben an einer Depression zu erkranken, in Deutschland bei etwa 16 bis 20 Prozent liegt, ist die Kultivierung solcher einfachen, aber wirkungsvollen körperlichen Strategien von immenser Bedeutung. Achten Sie im Alltag und beim Sport bewusst auf eine aufrechte Haltung. Es ist eine der einfachsten und schnellsten Methoden, um Ihre innere Verfassung positiv zu beeinflussen und die Abwärtsspirale negativer Gedanken zu stoppen.

Die Körper-Geist-Achse ist ein fundamentaler Hebel für Ihr Wohlbefinden. Verinnerlichen Sie die Tatsache, dass Ihre Haltung Ihre Stimmung formt, um diesen Effekt täglich für sich zu nutzen.

Wie hilft hochintensives Training dabei, Panikattacken physiologisch abzubauen?

Eine Panikattacke ist die ultimative Eskalation des sympathischen Nervensystems: Herzrasen, Atemnot, Schwindel. Der Körper befindet sich im „Kampf-oder-Flucht“-Modus, obwohl keine reale Gefahr besteht. Viele Betroffene versuchen, diesen Zustand durch Ruhe und Entspannung zu bekämpfen, was oft paradoxerweise die Angst vor den Körpersymptomen noch verstärkt. Hier bietet hochintensives Intervalltraining (HIIT) einen kontraintuitiven, aber extrem wirksamen Ansatz: den physiologischen Reset. Statt vor den intensiven Körpersignalen davonzulaufen, konfrontieren Sie sie in einem kontrollierten Rahmen.

Während eines HIIT-Workouts (z. B. Sprints, Burpees) treiben Sie Ihren Puls und Ihre Atemfrequenz bewusst in die Höhe. Sie simulieren die Symptome einer Panikattacke, aber mit einem entscheidenden Unterschied: Sie haben die Kontrolle. Sie wissen, dass dieser Zustand selbst herbeigeführt wurde und nach kurzer Zeit wieder abklingt. Dieser Prozess hat zwei entscheidende Effekte. Erstens lehrt er Ihr Gehirn, dass Herzrasen und schnelle Atmung nicht zwangsläufig ein Zeichen für eine Katastrophe sind. Sie desensibilisieren sich gegenüber den Angstsymptomen. Zweitens verbraucht die intensive körperliche Anstrengung die überschüssigen Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol, die während einer Angstepisode ausgeschüttet werden. Nach dem Training schaltet der Körper in den parasympathischen Modus – die Erholungsphase –, was zu einer tiefen Entspannung führt.

Dieser Ansatz des „Feuer mit Feuer Bekämpfens“ gibt Ihnen das Gefühl der Selbstwirksamkeit zurück. Sie sind nicht länger Opfer Ihrer Körpersymptome, sondern lernen, diese aktiv zu steuern.

In einer klinischen Studie wurde Gewichtheben mit Laufen verglichen und festgestellt, dass beide die Symptome von Depressionen bei betroffenen Frauen gleichermaßen abschwächten.

– Journal of Consulting and Clinical Psychology, Nike.com Studie zu Sport und psychischer Gesundheit

Die Wahl der intensiven Aktivität ist dabei zweitrangig. Ob Sie sich für Gewichtheben, Spinning oder Sprints entscheiden – entscheidend ist das bewusste Erleben und anschließende Abklingen der hohen körperlichen Erregung. So wird Sport zu Ihrer persönlichen Expositionstherapie, die Ihnen die Angst vor der Angst nimmt.

Warum sollten Sie Ihren Trainingsplan an Ihren Menstruationszyklus anpassen?

Das Gefühl, Sport sei eine lästige Pflicht, entsteht oft dann, wenn wir gegen unseren eigenen Körper arbeiten. Für Frauen gibt es einen entscheidenden, aber oft ignorierten Rhythmus, der unsere Energie, Kraft und Motivation massiv beeinflusst: der Menstruationszyklus. Ein starres Trainingsprogramm, das jeden Tag die gleiche Leistung fordert, ist zum Scheitern verurteilt. Die intelligente Alternative heißt Zyklus-Synchronität: eine Anpassung Ihres Trainings an die hormonellen Gegebenheiten der jeweiligen Zyklusphase.

Durch diese Anpassung verwandeln Sie Sport von einem Kampf in eine Kooperation. Sie nutzen die natürlichen Hochphasen für maximale Erfolge und gönnen Ihrem Körper in Tiefphasen die nötige Ruhe, anstatt sich mit Schuldgefühlen zu quälen. In der Follikelphase (nach der Periode) steigt der Östrogenspiegel, was Ihnen mehr Energie, Kraft und eine höhere Schmerztoleranz verleiht. Dies ist die ideale Zeit für intensives Krafttraining und den Aufbau von Muskelmasse. Tatsächlich ergab eine Studie der Ruhr-Universität Bochum, dass Frauen, die ihr Training an die Follikelphase anpassten, nach drei Monaten deutliche Zuwächse an Muskelmasse und Kraft aufbauten im Vergleich zur Kontrollgruppe. In der Lutealphase (nach dem Eisprung) dominiert Progesteron, was zu erhöhter Körpertemperatur und schnellerer Ermüdung führen kann. Hier sind moderate Ausdauereinheiten, Yoga oder leichtere Workouts sinnvoller.

Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick, wie Sie Ihr Training optimal auf Ihren Zyklus abstimmen können, basierend auf Empfehlungen von Gesundheitsexperten.

Optimales Training nach Zyklusphasen
Zyklusphase Tage Empfohlenes Training
Periode 1.-5. Tag Leichtes Training, Stretching oder Walking zur Linderung von Unterleibsschmerzen
Follikelphase 6.-12. Tag Große Effekte beim Muskelaufbau: Klettern, Bouldern, Spinning, Gewichtstraining
Ovulation 13.-16. Tag Intensives Krafttraining besonders effektiv
Lutealphase 17.-28. Tag Reduziertes Training: Fahrradfahren und leichtes Krafttraining

Indem Sie auf diese Weise mit Ihrem Körper arbeiten, steigern Sie nicht nur die Effektivität Ihres Trainings, sondern fördern auch ein positives und intuitives Verhältnis zu Bewegung.

Intuitives Bewegen: Welcher Sport passt zu Ihrer aktuellen Gefühlslage?

Neben dem hormonellen Zyklus beeinflusst auch Ihre tägliche Gefühlslage, welche Art von Bewegung Ihnen guttut. Das Konzept des intuitiven Bewegens lädt Sie dazu ein, in sich hineinzuhorchen und die Aktivität zu wählen, die Ihre aktuelle Emotion am besten adressiert. Anstatt stur einem Plan zu folgen, fragen Sie sich: „Was brauche ich heute wirklich?“ Diese Herangehensweise macht Sport zu einer Form des emotionalen Ausdrucks und der Regulation.

Fühlen Sie sich wütend oder frustriert? Ein hochintensives Training wie Boxen, Sprints oder ein anspruchsvolles HIIT-Workout kann helfen, diese explosive Energie kontrolliert abzubauen. Die körperliche Verausgabung wirkt wie ein Ventil und hinterlässt ein Gefühl der Klarheit. Sind Sie hingegen traurig oder niedergeschlagen? Sanfte, rhythmische und repetitive Bewegungen wie Gehen, Joggen in der Natur oder sanftes Yoga können tröstend und erdend wirken. Laut Studien haben genau diese Aktivitäten eine besonders starke antidepressive Wirkung. Fühlen Sie sich ängstlich und zerstreut? Aktivitäten, die hohe Konzentration und Achtsamkeit erfordern, wie Klettern, Tanzen oder Yoga, können helfen, die kreisenden Gedanken zu stoppen und Sie wieder im Hier und Jetzt zu verankern.

Das Ziel ist es, eine „Bewegungsbibliothek“ für Ihre Emotionen aufzubauen. Experimentieren Sie mit verschiedenen Sportarten und beobachten Sie, wie Ihr Körper und Ihr Geist darauf reagieren. Mit der Zeit entwickeln Sie ein feines Gespür dafür, welche Bewegung Ihnen in welcher Situation am besten hilft, Ihre emotionale Balance wiederzufinden. Es geht nicht darum, immer die „effektivste“ Sportart zu wählen, sondern die für den Moment „richtige“.

Ihr Fahrplan zum intuitiven Bewegen: Ein Selbst-Audit

  1. Emotionale Bestandsaufnahme: Nehmen Sie sich vor jeder geplanten Sporteinheit 2 Minuten Zeit. Fragen Sie sich: Wie fühle ich mich gerade? (z.B. gestresst, müde, wütend, energiegeladen, traurig).
  2. Bewegungs-Optionen sammeln: Listen Sie alle Bewegungsformen auf, die für Sie realistisch zugänglich sind (z.B. Spaziergang, YouTube-Yoga, Joggen im Park, Hanteltraining zu Hause, Tanzen im Wohnzimmer).
  3. Bedürfnis-Abgleich: Vergleichen Sie Ihre aktuelle Emotion mit dem potenziellen Nutzen der Bewegungs-Optionen. Brauchen Sie heute ein Ventil (HIIT), Erdung (Yoga) oder sanfte Aktivierung (Spaziergang)?
  4. Erfahrungen protokollieren: Notieren Sie sich nach der Bewegung kurz, wie Sie sich fühlen. Hat die gewählte Aktivität Ihr emotionales Bedürfnis erfüllt? So schärfen Sie Ihre Intuition.
  5. Plan anpassen & flexibel bleiben: Erlauben Sie sich, Ihren „Plan“ zu ändern. Wenn Sie für ein hartes Workout verabredet sind, sich aber nach Ruhe sehnen, schlagen Sie stattdessen einen Spaziergang vor.

Wie reichen 5 Minuten Bewegung aus, um eine Schreibblockade zu lösen?

Eine der größten Hürden für regelmäßige Bewegung ist der Glaube, man müsse dafür immer eine volle Stunde Zeit investieren. Gerade für Frauen mit hohem Mental Load scheint dieser Zeitaufwand oft unmöglich. Die gute Nachricht aus der Neurobiologie lautet: Schon extrem kurze, aber intensive Bewegungseinheiten, sogenannte „Bewegungssnacks“, können einen enormen positiven Effekt auf Ihre kognitive Leistungsfähigkeit und Stimmung haben.

Wenn Sie vor einer Schreibblockade sitzen oder sich in einem Gedankenkarussell verfangen haben, ist Ihr präfrontaler Kortex – der Teil des Gehirns, der für exekutive Funktionen wie Planen und Entscheiden zuständig ist – überlastet. Ein kurzer, intensiver Bewegungsimpuls kann hier wie ein Neustart wirken. Der Grund ist wiederum unser Wundermolekül BDNF. Während moderates Training den Spiegel langsam anhebt, können bereits sechs Minuten hochintensives Training den BDNF-Spiegel um erstaunliche 400 bis 500 % steigern. Dieser massive Anstieg fördert die kognitive Flexibilität und Kreativität fast augenblicklich.

Kurze Bewegungspause im Home-Office zur Steigerung der Kreativität

Stellen Sie sich vor, Sie unterbrechen Ihre Arbeit für nur fünf Minuten. In dieser Zeit machen Sie so viele Hampelmänner, Kniehebe-Sprünge oder Burpees, wie Sie können. Der Effekt: Die Durchblutung im Gehirn wird massiv gesteigert, der Kopf wird frei, und die neu ausgeschütteten Neurotransmitter ermöglichen es Ihnen, das Problem aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Integrieren Sie diese Bewegungssnacks fest in Ihren Arbeitsalltag, zum Beispiel mithilfe eines Timers, der Sie jede Stunde an eine kurze Pause erinnert. Dies ist weitaus effektiver, als stundenlang unproduktiv am Schreibtisch zu verharren.

Das Wichtigste in Kürze

  • Sport ist keine weitere Aufgabe, sondern ein Werkzeug zur aktiven Steuerung Ihrer Gehirnchemie (insb. BDNF).
  • Die Anpassung des Trainings an Ihren Menstruationszyklus und Ihre aktuelle Gefühlslage steigert die Effektivität und Motivation.
  • Schon kurze, intensive „Bewegungssnacks“ von 5 Minuten können mentale Blockaden lösen und die Stimmung heben.

Wann wird Sport zur Flucht vor echten Problemen (Sportsucht)?

Als Sportpsychologin ist es meine Pflicht, auch die Schattenseite zu beleuchten. Denn bei all den positiven Effekten kann Sport für manche Menschen zu einer Form der Flucht werden – einer Sportsucht. Dieser Punkt ist erreicht, wenn Bewegung nicht mehr der mentalen Gesundheit dient, sondern zu einem Zwang wird, der das Leben negativ beeinflusst. Es ist der Moment, in dem das „Heilmittel“ selbst zur Krankheit wird. Die Grenze ist oft fließend, doch es gibt klare Warnsignale, auf die Sie achten sollten.

Ein zentrales Anzeichen ist der Kontrollverlust. Sie trainieren weiter, obwohl Sie verletzt oder krank sind. Sie vernachlässigen soziale Kontakte, Familie oder berufliche Pflichten, um Ihr Trainingspensum zu erfüllen. Wenn Sie einen Tag aussetzen müssen, werden Sie von starken Schuldgefühlen, Reizbarkeit oder Angst geplagt. Das Training dient nicht mehr der Freude oder dem Stressabbau, sondern nur noch dazu, diese negativen Entzugserscheinungen zu vermeiden. Die ursprüngliche Motivation hat sich ins Gegenteil verkehrt.

Ein weiteres Symptom ist die Toleranzentwicklung. Sie müssen immer mehr und immer intensiver trainieren, um den gleichen „Kick“ oder das gleiche Gefühl der Erleichterung zu spüren. Die Dosis wird stetig erhöht, oft bis zur völligen körperlichen Erschöpfung. Wenn Sie bemerken, dass Ihr gesamtes Denken nur noch um das nächste Training, Kalorien oder die Optimierung Ihrer Leistung kreist und andere Lebensbereiche verblassen, ist das ein ernstes Alarmsignal. In diesem Fall ersetzt der Sport nicht die Therapie, sondern wird selbst zum Thema für eine Therapie. Seien Sie ehrlich zu sich selbst: Nutzen Sie Sport, um Ihr Leben zu bereichern, oder um vor ihm zu flüchten?

Häufige Fragen zum Thema Sport als Antidepressivum

Kann Sport eine Therapie ersetzen?

Sport und Bewegung können bei mittelschweren oder schweren Depressionen eine Psychotherapie oder Antidepressiva meist nicht ersetzen. Sie können eine Behandlung aber sinnvoll ergänzen und sind eine hervorragende präventive Maßnahme.

Was tun bei starken Beschwerden und Antriebslosigkeit?

Bei starken Beschwerden kann es eine riesige Hürde sein, überhaupt mit Sport anzufangen. Seien Sie nachsichtig mit sich. Es kann schon helfen, regelmäßige Spaziergänge an der frischen Luft zu unternehmen. Jeder Schritt zählt.

Wird Sporttherapie von der Krankenkasse in Deutschland bezahlt?

Die Kostenübernahme ist im Wandel. Während viele präventive Sportkurse bereits von den gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst werden, ist die spezifische Sport- und Bewegungstherapie auf Rezept in Deutschland noch im Aufbau. Es lohnt sich, bei Ihrer Krankenkasse gezielt nach den aktuellen Möglichkeiten zu fragen.

Geschrieben von Miriam Weber, Systemische Therapeutin, MBSR-Lehrerin und Schlaf-Coach. 14 Jahre Erfahrung in der Stressbewältigung und somatischen Regulation des Nervensystems.